Dänische Nordseeküste. Erst die kleinen, spontanen Begegnungen und Erlebnisse machen Reisen für mich so wertvoll. Besonders schön ist es, wenn Überraschungen dort geschehen, wo man sie so gar nicht erwartet. So war es vor ein paar Tagen in Dänemark: Im hohen Norden des Königreichs waren wir am Strand von Stenbjerg in der Region Thy unterwegs – und trafen ganz zufällig die beiden Fischer Anders und Flemming. Zwei echte Kerle, die gerade von ihrem Fang auf der Nordsee heimkehrten. Ihr Schiff lag noch im Wasser, bald sollten sie es wieder an den Strand ziehen: Nur hier in Stenbjerg Strand sowie im nahen Vorupør und in Løkken noch weiter "oben" gibt es diese traditionelle Art der Fischerei in Dänemark überhaupt noch.
Ein "Paar" seit mehr als 20 Jahren
Der Wind weht steif aus Westen, die Wolken hängen tief über Stenbjerg Strand. Einziger Lichtblick weit und breit am kilometerlange, fast menschenleeren Strand sind die leuchtend gelben und organen "Friesennerze" von Anders und Flemming. Erst vor wenigen Minuten sind die beiden Fischer von ihrem Tagesfang auf hoher See zurück. Ihre blaue "Fortuna" liegt noch weit unten am Strand – seit Generationen ziehen die Fischer von Stenbjerg ihre Boote nach getaner Arbeit an Land. Einen Naturhafen gibt es weit und breit nämlich nicht. Wieviele Fischer wie Euch gibt es hier eigentlich noch, möchte ich von Anders wissen, dem die "Fortuna" gehört. "Hier in Stenbjerg sind es so ungefährt zehn oder zwölf", sagt der wettergegerbte Seefahrer im westjütländischen Dialekt, den ich trotz guter Dänischkenntnisse kaum verstehen kann. Ihnen gehören die weiß getünchten, flachen Fischerhütten hier in Stenbjerg Landingsplads, in denen Geräte wie Netze gelagert und gepflegt werden.
Seit wann die beiden Freunde schon gemeinsam zur See fahren, weiß Anders nicht mehr genau. Zu lang her. "Zwanzig Jahre bestimmt. Vielleicht auch fünfzig. Lange auf jeden Fall", grübelt Anders. Zeit spielt auf See keine Rolle – wichtig ist, dass man sich blind aufeinander verlassen kann. Wie weit fahrt ihr denn hinaus? "Etwa einen Kilometer, da liegen unsere besten Fanggründe", meint Anders, während die beiden mit geübten Handgriffen ihre grünen, vollen Netze vom Fang befreien: viele Schollen, Rotbarsch, auch Krabben sind dabei. Schwungvoll wandert die Tiere aufs das Eis Verpackungskisten.
Bleibt der Fisch hier, zum Verkauf direkt vor Ort? "Nee", grummelt Anders, "direkt vom Schiff verkaufen wir nur wenig. Wir verkaufen unsere Fische an Händler in Hanstholm. Dort gibt's die großen Auktionen." Die 30 Kilometer weiter nördlich gelegene Hafenstadt Hanstholm ist eine der größten Fischereistädte Dänemarks. Fast ein Wunder, denke ich fast im Gehen, dass es diese Art der lokalen Fischerei noch gibt in einem Europa der Fangquoten und riesigen Fangflotten und -trawler.
Alles Gute, Anders und Flemming! Und bleibt wie Ihr seid!