Neues Museum FLUGT zum Thema Flucht und Vertreibung im dänischen Oksbøl eröffnet

Blick auf das neue Museum FLUGT in Oksbøl. Foto: FLUGT Museum/PR
Blick auf das neue Museum FLUGT in Oksbøl. Foto: FLUGT Museum/PR

NEWS Oksbøl/Varde. Dänemark hat ein neues Museum von nationalem und internationalen Interesse: In Anwesenheit der dänischen Königin Margrethe II. und des deutschen Vizekanzlers Robert Habeck wurde im kleinen Oksbøl an der Westküste "FLUG – Refugee Museum of Denmark" eingeweiht. Das neue Haus entstand auf dem Areal eines ehemaligen Flüchtlingslager aus der Zeit im und nach dem Zweiten Weltkrieg. Hintergrund des neuen Museums ist ein bislang nur selten erzählter Teil der dänischen (Nachkriegs-)Geschichte: Im Lager Oksbøl wurden etwa 35.000 der 25.000 Deutsche untergebracht, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs meist aus Ostpreußen und dem Baltikum nach Dänemark geflohen waren.

Die letzten dieser Flüchtlinge verließen das Lager Oksbøl im Februar 1949. "FLUGT" greift neben der Zeitgeschichte aber auch aktuelle Flüchtlingsgeschen der Gegenwart auf. So werden unter anderem auch Schicksale von Personen berichtet, die aus Vietnam, Chile, Bosnien, Syrien oder Afghanistan und in diesem Jahr aus der Ukraine nach Dänemark flohen.Für Besucher ist das neue Museum "FLUGT" ab 29. Juni 2022 geöffnet. Der Entwurf zum Ausstellungsgebäude stammt vom bekannten dänischen Architekturbüro BIG.

Vom Flüchtlingslager in Oksbøl zu den Flüchtlingen weltweit
Am Ende des Zweiten Weltkrieges kamen mehr als 250.000 deutsche Zivilisten in das besetzte Dänemark – nach oftmals dramatischer und gewaltsamer Flucht. Das Vordringen der Roten Armee in den letzten Kriegsmonaten traf vor allem die Zivilbevölkerung und vertrieb Millionen von Deutschen aus ihrer Heimat. 1945 wurde Dänemarks größtes Flüchtlingslager in der Aal Plantage in Oksbøl errichtet. Auf seinem Höhepunkt beherbergte es 35.000 Flüchtlinge. Genau hier an diesem Ort wird das Museum FLUGT nun errichtet.

Die großen Flüchtlingsbewegungen aber sind beiweitem nicht nur ein historisches Phänomen. Ganz im Gegenteil. Gegenwärtig bezeugt die Welt die vielleicht größten Flüchtlingsströme jemals. Krieg und Verfolgung treiben Menschen auf die Flucht – in Richtung Sicherheit, Überleben und eine neue Heimat. Die Medien sind voll von bewegenden Bildern. Politiker debattieren heftig hin und her. Überall ist die Debatte gegenwärtig. Deshalb sind es nicht nur die Flüchtlinge vergangener Zeiten, die man im Museum FLUGT antrifft. Es sind ebenfalls die Flüchtlinge, die Dänemark in jüngerer und jüngster Vergangenheit erreicht haben – aus Ungarn, Vietnam, Afghanistan, Syrien und der Ukraine.
Das Museum FLUGT hat sich zum Ziel gesetzt, die abstrakten Zahlen und Statistiken zu veranschaulichen, ja zu vermenschlichen, indem die Geschichten Einzelner erzählt werden: Menschen mit einer Familie. Mit Freunden. Einer Arbeit. Mit Hobbys. Und – nicht zuletzt – mit Träumen und Hoffnungen für die Zukunft. Indem es sich eines der schwersten und kontroversesten Themen unserer Zeit widmet sowie persönliche Schicksale vertieft, will das Museum FLUGT dazu beitragen, dass wir mehr über uns selbst, einander sowie die Welt, in der wir leben, erfahren.

Im Innern von FLUGT erwarten Besucher Hintergründe zum früheren Lager sowie zu Flüchtlingsbewegungen der Gegenwart. Foto: FLUGT Museum/PR
Im Innern von FLUGT erwarten Besucher Hintergründe zum früheren Lager sowie zu Flüchtlingsbewegungen der Gegenwart. Foto: FLUGT Museum/PR

Architektur der Weltklasse

Das Museum FLUGT ist von dem weltweit renommierten Büro BIG – Bjarke Ingels Group – entworfen und ist Architektur in einer Klasse für sich. Ausgehend vom ursprünglichen Krankenhaus des Flüchtlingslagers, das 40 kleine Krankenzimmer und Operationsstuben beherbergte, haben die Architekten ein ganz neues Museum mit acht großen Ausstellunsgräumen geschaffen. Ein 500 Quadratmeter großer Neubau aus Cortenstahl bindet die beiden alten Lagerflügel nun zu einer Einheit zusammen. Nach außen wirkt dieser wie eine geschlossene Mauer, nach innen aber öffnet sich der Neubau zu einem hohen und lichten Raum aus Holz und Glas. Hier befinden sich Serviceeinrichtungen wie Foyer, Garderobe, Ticketkasse und Museumsshop. Die beiden ursprünglichen Krankenhausflügel bewahren ihr charakteristisches Äußeres mit roten Mauersteinen, kleinsprossigen Fenstern und roten Dachziegeln. In ihrem Inneren liegen nun die Ausstellungsräume, ein Kino, Unterrichts- und Konferenzräume sowie das Café mit dazugehöriger Küche.

Blick auf das Flüchtlingslager Oksbøl unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Foto: Museum FLUGT/PR
Blick auf das Flüchtlingslager Oksbøl unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Foto: Museum FLUGT/PR

Ein Ausstellungsdesign – bei dem Zahlen zu Menschen werden
Die Ausstellungen des Museums FLUGT wurden von der niederländischen Firma Tinker Imagineers konzipiert. Mithilfe eines innovativen und lebendigen Erlebnisdesigns, das sich verschieder Geräusche, Bilder und interaktiver Elemente bedient, werden die Besucher in die einzelnen Fluchterfahrungen und -erzählungen hineingeführt. Diese sind so konzipiert, dass sie über Zeit und Raum hinweggehen.
Die Besucher, die die Ausstellungen und die einzelnen Schicksale durchwandern, begeben sich selbst auf eine Reise: Von Krieg und Flucht über etwaige Sicherheit, einem neuen Alltag bis hin zu einer am Ende vielleicht neuen Heimat. Gleichzeitig soll auch die Sicht der Empfängerländer perspektiviert werden. Wie fühlt es sich an, große Flüchtlingsströme zu integrieren? Das Museum ist derart gestaltet, dass es die Besucher durch die Aussellungsräume, hinaus zum Flüchtlingsfriedhof und am Ende hinein in die weitläufige Plantage führt, die eine Erlebniszone ausmacht. Über Geräusche und andere Elemente werden sie hier in eine Zeit zurückversetzt, als dieses Gebiet tatsächlich ein Flüchlingslager ausmachte und mit Leben erfüllt war.

Gefördert vom Bund und Land Schleswig-Holstein

Das Schicksal der 250.000 deutschen Zivilisten, die am Ende des Zweiten Weltkrieges nach Dänemark flüchteten, ist ein wichtiger Teil der Geschichte Dänemarks. Zugleich aber gehört diese Vergangenheit zur deutschen und europäischen Geschichte. Alljährlich besuchen bis zu 20.000 Nachfahren deutscher Flüchtlinge den Flüchtlingsfriedhof in Oksbøl. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesrepublik Deutschland eine außerordentliche Summe von € 1,33 Mio. für die Errichtung des Museums FLUGT bewilligt. Hinzu kommen € 100.000, die das Bundesland Schleswig-Holstein bereitstellt.

 

„Mit dem Museum FLUGT möchten wir die – für viele – unbekannte Geschichte des größten Flüchtlingsstroms erzählen, den Dänemark je erlebt hat. Zugleich aber auch die Geschichte der vielen Flüchtlinge, die während der Nachkriegszeit zu uns ins Land gekommen sind. Im Museum FLUGT sollen aus Zahlen Menschen werden. Wir wollen die universellen Problematiken, Gefühle und vielen Nuancen darstellen, die mit dem Leben auf der Flucht verbunden sind. Gestern wie heute.“ Claus Kjeld Jensen, Museumsleiter

 

ÖFFNUNGSZEITEN, EINTRITT ETC.

Das Museum FLUGT ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet für Erwachsene 145 DKK (ca. 20 Euro), Kinder unter 18 Jahren haben freien Zugang.

Mehr Informationen auf der Homepages des Museums FLUGT gibt es hier flugtmuseum.dk

 

Quelle: Pressemitteilung FLUGT Museum/Vardemuseerne, Juni 2022