Wenn weniger mehr is(s)t: Die Schokoladenmanufaktur DaJa in Uetersen

Edle Tafeln von DaJa Chocolate. Foto: C. Schumann
Edle Tafeln von DaJa Chocolate. Foto: C. Schumann

Uetersen. Der Duft von Schokolade empfängt Genießer schon an der Tür von Daja Chocolate. Und wer noch einmal genauer „hinriecht“ erkennt schnell auch den zarten Geruch von Früchten und exotischen Gewürzen, der durch die kleine Manufaktur in Uetersen zieht. Eine ungewöhnliche Mischung, die alles andere als Zufall ist – im Gegenteil. „Wir sind immer auf der Suche nach neuen, ungewöhnlichen Kombinationen für unsere Schokoladen“, sagt Jan-Henrik Klüver, der den kleinen Familienbetrieb in der Kuhlenstraße seit rund drei Jahren gemeinsam mit seiner Frau Danila betreibt.

Anfangs lag die gläserne Süßwarenwerkstatt der gelernten Konditoren in der historischen Brauerei der Rosenstadt. Seit Anfang des Jahres zaubern die beiden Schokoladenexperten ihre süß-exotischen Kreationen in den Räumen einer ehemaligen Schreinerei. „Das passt gut“, findet der 35-jährige Chocolatier, „denn auch wir sind schließlich Handwerker.“

Eine Auswahl der kreativen Schöpfungen liegt verführerisch in der Auslage der Ladenwerkstatt: Verschiedene Schokoladen von hochprozentigem Zartbitter bis zu Ingwer-Schokolade, rund oder eckige Pralinen in Geschmacksrichtungen wie Orange-Maracuja, Kir Royal oder Tonkabohne-Mohn. Rund 30 Sorten Tafel-, 50 Sorten Bruchschokolade und 100 Varianten an Pralinen gehören zum Programm des Schoko-Ehepaars in der Altstadt von Uetersen. Ein Sortiment, das neben Klassikern wie besonders nachgefragten reinen Schokoladen wie Vollmilch und Zartbitter oder Lakritzschokolade mit einem Hauch dänischem Meersalz regelmäßig neue Varianten umfasst. „Wir experimentieren gern“, sagt Danila Klüver. „Darum sind wir ständig auf der Suche nach neuen Gaumenüberraschungen von süß über salzig bis scharf.“ Meist sind es eigene Ideen, doch auch Vorschläge von Kunden werden gern umgesetzt.

 

Unerwartete Genüsse

Dass es dabei neben einer Prise Ideenreichtum vor allem auf einen ausgeprägten Geschmacks- und Riechsinn ankommt, weiß niemand besser als der Hausherr selbst: Jan Klüver ist seit Herbst der erste Schokoladen-Sommelier Schleswig-Holsteins. Als einer von nur zwölf Schokoladenmachern Deutschlands vertiefte der bei Lübeck aufgewachsene Klüver in einem neu geschaffenen Studiengang an der Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim und an der Chocolate Academy in Köln sein Wissen zu Schokoladenherkunft und Schokotrends oder in Sensorik.

Die weitweit einmalige Fortbildung, für die ein Meisterbrief im Konditoren- oder Bäckerhandwerk Voraussetzung ist, ist eine Reaktion auf den Trend, dass immer mehr Menschen mehr über „ihre“ Schokolade wissen möchten – so wie Wein meist auch nicht mehr genossen wird, ohne nach Herkunft, Weingut und Verarbeitung zu fragen. Anders als beim Wein gebe es beim Thema Schokolade aber nur wenige Experten, die die ganze Bandbreite von der Schokoladenherkunft bis zu den aktuellsten Schoko-Trends kennen und darüber hinaus noch in der Lage seien, Schokolade sensorisch genau zu beschreiben. „Denn nicht alles passt zu allem, weil viele, teils minimale Faktoren Geschmack und Konsistenz des Endprodukts beeinflussen “, erzählt der ruhige Experte. „Aber auch scheinbar Gegensätzliches kann unerwartete Genüsse bringen, etwa die Ergänzung von Schokolade mit Salami oder Schinken.“ Auch die Vermittlungskunst gehört zum Portfolio des zertifizierten Schoko-Sommeliers. Zum Angebot von Daja Chocolate gehören deshalb nun beispielsweise auch Tastings, Pralinen- und Schokoladenkurse mit bis zu 15 Teilnehmern für Privatkunden oder Firmen ebenso wie Kindergeburtstage und andere Feiern.

Dass handgemachte, hochwertige Schokolade seit einigen Jahren immer mehr Freunde findet, überrascht Danila Klüver nicht. „Das Bewusstsein verändert sich bei immer mehr Verbrauchern. Der Trend geht zu nachhaltigen, gern regionalen und lokalen Produkten. Weniger is(s)t für viele heute mehr.“ Darum kämen Kunden der individuellen Manufaktur in der Regel auch nicht oft, dafür aber bewusst ins Geschäft, so die auch für Vermarktung und Buchhaltung verantwortliche Klüver: „Viele unserer KäuferInnen essen zum Beispiel nur eine Praline am Tag – diese aber mit Genuss und gutem Gewissen.“ Dass das Schoko-Ehepaar auf regionale Wurzeln setzt, belegt nicht nur die Wahlheimat Uetersen. Auch regionale Zutaten wie Marzipan und Mandeln aus Lübeck, ein enger Kontakt zu einer Hamburger Kaffeerösterei oder die rund 60, meist norddeutschen Wiederverkäufer vom kleinen Tante-Emma-Laden bis zum bekannten Supermarkt. Der eigene Onlineshop ist heutzutage ebenfalls ein Muss.

 

Qualität und fairer Handel

Rund fünf Tonnen Rohschokolade verarbeiten Danila und Jan-Henrik Klüver inzwischen im Jahr. Wichtig sind dabei besonders Qualität und geprüfte Herkunft des Kakaos, der aus Ländern wie Venezuela, der Dominikanischen Republik, Ghana, Tansania, Madagaskar oder Neu Guinea kommt. „Uns ist der faire Handel wichtig – unser Ziel ist, dass jeder Kakaobauer von seiner Arbeit leben kann“, umschreibt Jan Klüver die Firmenphilosophie, die auf organisches Wachstum setzt. So brachte der kürzliche erfolgte Umzug in größere Räume die Chance, die Manufaktur um ein kleines Café zu ergänzen. Zwei Auszubildende unterstützen die Eheleute bei Herstellung von Schokospezialitäten und neuerdings auch Kuchen.

Welche Trends und Kombinationen in Zukunft angesagt sein werden? Das können auch die beiden Fachleute kaum vorhersagen – das Experimentierfeld bleibt groß. Und überrascht zu werden, gehört immer noch dazu: „Oder wussten Sie, dass in Süddeutschland lieber süße Schokolade gegessen wird, bei uns im Norden aber eher geschmacksintensive Richtungen wie Zartbitter?“, fragt Danila Klüver, die noch eine weitere Kuriosität kennengelernt hat: „Frauen kaufen bei uns gern herbe Herrenschokolade. Dagegen greifen die Männer lieber zur weißen, süßeren Schokolade.“ Ob dies aber nur eine norddeutsche Gewohnheit ist oder Allgemeingültigkeit hat, bleibt offen. Auch in der Welt der Schokolode(n) darf es schließlich noch Geheimnisse geben.

 

Weitere Informationen:

Webseite von DaJa Chocolate: www.daja-chocolate.de