NEWS Bücher (cs). Wer gern historische Erzählungen liest, ist hier richtig. Wer eine neue wissenschaftliche Darstellung über Leben und Einfluss der Wikinger erwartet, eher nicht. „Im Sommer des Jahres 1982 (…) fanden Archäologen (in einem englischen Grab) unter den wirr durcheinanderliegenden Knochen von mehreren Hundert Menschen (…) eine kleine Perle.“ Die organefarbene Karneolperle führt die britische Bio- und Feldarchäologin Cat Jarman vom Fundort in ihrer Heimat weit hinaus zu den mittelalterlichen Märkten von Bagdad bis an die Küsten Indiens. Denn von dort hat das Schmuckstück seinen Weg über eng verwobene Handelsrouten, vom Orient bis in den Nahen Osten und nach Asien reichten, gefunden. Die Wikingerkultur, das weiß Jarman aus jahrzehntelanger Forschung, ist weit mehr als Kriegskunst: Die nordischen Reisenden waren mindestens ebensosehr Händler mit komplexen Verbindungen in die Ferne – und Teil eines dichtmaschigen Netzwerks als Teil einer schon damals globalen Welt.
Dass umgekehrt auf den Routen der Wikinger auch Reisende nach Europa kamen, wird dabei oft zu wenig beachtet. Für ihre Bücher verwendet Jarman auch forensische Techniken wie Isotopenanalyse, Kohlenstoffdatierung und DNA-Analyse an menschlichen Überresten – das macht ihr neues Buch „Flusskönige“ letztlich doch zu einer fundierten Lektüre, die weit über einen Roman hinausgeht.
Das Buch
Cat Jarman: Flusskönige – die Wikinger auf der Seidenstraße. Aus dem Englischen von Ursula Blank-Sangmeister, Propyläen Verlag, 432 S., 28 €.